Thüringer Landessternwarte Tautenburg,
März 2008 |
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Unangemeldeter Besuch am größten
Teleskop in Deutschland, an einer Landeseigenen Institution, und das
noch in der Mittagszeit...? Wir bekamen jedenfalls eine
äußerst kompetente und liebenswürdige Führung
durch Herrn Winkler vom technischen Stab.
Das Observatorium wurde 1960 als Institut der damaligen Deutschen
Akademie der Wissenschaften der DDR (Berlin) gegründet und nach
dem
bedeutenden Astronomen und Physiker Karl Schwarzschild
benannt. 1992 wurde es als "Thüringer Landessternwarte
Tautenburg" (TLS) neugegründet. Doch die Historie reicht
unmittelbar an das Kriegsende zurück:
"Wir standen 1946/47, als die
ersten Überlegungen über den Bau eines neuen Spiegelteleskops
als Ersatz für den Babelsberger 122-cm- Reflektor angestellt
wurden, vor folgender Situation: die Fortführung der Potsdamer
und Babelsberger Tradition der spektrographischen und
lichtelektrischen Arbeiten erforderte einen Parabolspiegel mit
Newton-, Cassegrain- und möglichst auch Coudé-Einrichtung;
das
Aufgreifen von Problemen der Struktur der Milchstraße, der
Sternhaufen und der außergalaktischen Objekte machte die
Aufstellung eines großen Schmidt-Teleskops wünschenswert. Da
für
die Hamburger Sternwarte die Beschaffung eines großen
Schmidt-Spiegels (80:120:240) zu jener Zeit bereits in greifbare
Nähe gerückt war, lag der Gedanke nahe, unsererseits ein
"klassisches" Spiegelteleskop mit mindestens 200 cm Öffnung zu
schaffen und die beiden Instrumente in Analogie zum Mt. Palomar
nebeneinander an einem für astronomische Beobachtungen
möglichst
günstigen Ort aufzustellen.
Es war die Zeit, da wir uns noch der Illusion hingaben,
gesamtdeutsch planen zu dürfen. Wie aber, wenn die am Horizont
sich bereits drohend abzeichnende Zweiteilung Deutschlands die
Verwirklichung eines solchen Planes unmöglich machte und wir im
Osten ganz auf uns selbst gestellt sein würden? Da mit einer
Bauzeit von mindestens 6 bis 7 Jahren gerechnet werden mußte und
da wir bei aller Großzügigkeit der Wissenschaftsplanung uns
auf
den Bau eines einzigen großen Spiegelteleskops beschränken
zu
müssen glaubten, standen wir vor der Frage: "Wo werden in 10
Jahren die Probleme liegen, zu deren Lösung wir bzw. die
nachwachsende Generation beitragen möchten? Werden wir dann
lieber ein Newton-, Cassegrain-, Coudé- oder ein
Schmidt-Teleskop haben wollen?"
Von der Antwort auf diese Frage hing die Entscheidung ab, ob der
Hauptspiegel von 200 cm Durchmesser sphärisch oder parabolisch
geschliffen werden sollte.
Um diese Entscheidung vorzubereiten, wurde den theoretischen
Optikern bei Zeiss die Frage vorgelegt: "Lassen sich die
Eigenschaften eines klassischen Newton-Cassegrain-Coudé-
Teleskops auch verwirklichen, wenn der Hauptspiegel sphärisch
ist?" Die Antwort war positiv in dem Sinn, dass die
Strahlenvereinigung im Cassegrain- und Coudé-Fokus durch
stärkere Deformation der entsprechenden Sekundärspiegel
erreicht
werden könnte, während für den Newton-Fokus ein
Korrektions-Linsensystem eingeführt werden müßte. Damit
stand
fest: Wählten wir einen Parabolspiegel als Hauptspiegel, dann
waren wir von vornherein beschränkt auf die Beobachtung von
Einzelobjekten, denn das Prinzip der Schmidt-Korrektionsplatte
läßt sich auf den Parabolspiegel nicht übertragen.
Gingen wir
dagegen von einem sphärischen Spiegel aus, dann konnte die
Entscheidung über die Zweckbestimmung des Instruments auf einen
späteren Zeitpunkt verschoben werden, zu dem sich die
Problemlage vielleicht besser übersehen ließe..."
(Hans Kienle in der Jenaer Rundschau 1960;
zitiert nach: www.tls-tautenburg.de/hist/hist.html)
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