Aufnahmen des Venustransits 2004 mit dem LHG, dem selbstgebauten Lochblenden-Heliographen 
 

Lassen sich astronomische Aufnahmen mit einer Lochkamera realisieren?

Diese Frage stellte ich mir an irgendeinem verregneten Tag, an dem ich meine Website weiter aufbaute und gerade Bilder bearbeitete, die ich mit meinen selbstgebauten Lochkameras aufgenommen hatte. Ein Kennzeichen für die Lochkamera ist ja ihre geringe Lichtausbeute und die daraus resultierenden langen Belichtungszeiten. Die Bilder waren logischerweise am Tage gemacht worden und zwar meist bei strahlender Sonne mit Belichtungszeiten von etlichen Minuten. Für welche astronomische Zwecke könnte man also sinnvollerweise die lichtschwache Lochkamera einsetzen? Wäre es etwa möglich, eine Lochkamera speziell für Sonnenaufnahmen zu konstruieren, einen Lochblenden-Heliographen also, mit dem der Venustransit am 8. Juni 2004 darstellbar wäre? So machte ich mich an die Berechnung.


Die technische Realisierung bestand dann aus einem 2,30 m langen Papprohr, drei Bierdeckeln, etwas Klebeband und etwas Alufolie.

 


Foto: Matthias Knülle
 
Das Papprohr mit 11 cm Durchmesser konnte ich vom Requisitenfundus der Hoch-
schule für Fernsehen und Film bekommen. Weil unsere Studenten es als Schlag-
baum verwendet hatten, war das Rohr rot-weiß geringelt. Form- und Farbgebung sorgten später natürlich für Gelächter und entsprechende Bemerkungen bei meinen Astrofreunden.
 


Wegen der kurzen Belichtungszeiten konnte das Rohr einfach auf das Geländer des 0.8m-Teleskops aufgelegt und von Hand ausgerichtet werden. Aufgrund der Abbildungsverhältnisse war nur mit sehr wenig Streulicht zu rechnen, das im Wesentlichen vom Sonnenabbild in der Filmebene ausgehen würde. So wurde das Rohrinnere nur an den beiden Enden mit einem Rest Farbe geschwärzt. Der Lochblendenträger vorne besteht aus einem Bierdeckel, auf den Alufolie für das Loch geklebt ist. Bedarfsweise kann noch ein Filterhalter für 1 ¼"-Filter davor geklebt werden. Die Kameraseite des Rohrs wird ebenfalls mit einem Bierdeckel abge-
schlossen, der einen T2-Anschluss besitzt. Materialgesamtkosten: 0 Euro - und
zwar für eine echt beugungsbegrenzte Optik!


 
Technische Daten LHG:

 

Format Kleinbild
Bildweite (= Brennweite = Rohlänge) 2300 mm
Lochblendendurchmesser 1,4 mm
Relative Blendenöffnung F 1640
Material des Rohres Pappe 3 mm Wandstärke
Rohrdurchmesser
11 cm
Material des abbildenden Lochs Haushaltsaluminiumfolie

 

Für die Aufnahmen des Venustransits wurden zwei verschiedene Filmmaterialien eingesetzt: niedrig empfindlicher orthochromatischer Dokumentenfilm Maco Orth 25 und, in Verbindung mit einem H-Alpha-Filter, Agfa CT 100 Diafilm.
 
Und das Ergebnis? Bereits im Sucher war Venus deutlich vor der Sonnenscheibe zu erkennen! Das folgende Bild wurde von einem hart abgezogenen SW-Bild gescannt; Kontraste und Helligkeiten wurden nicht verändert, das Bild wurde nicht unscharf maskiert oder anderweitig nachträglich geschärft oder anderweitig manipuliert.
 

 
Objekt Sonne und Venus
Datum
8.6.2004
Uhrzeit
11:00 MESZ
Optisches System
Camera Obscura
Brennweite
2300 mm
Blende
1640
Kamera
Canon A-1
Filmmaterial
Maco Orth 25 c
Entwicklung
Rodinal 1+12; 7,5 Min.; Kipprythmus 30 S
Filter
Graufilter ND 0.9
Belichtungszeit
1/500 Sek.
Fotopapier
Agfa MCP Premium (Gradation 4)

Über den Venustransit im LHG erschien auch ein Artikel in Sterne und Weltraum 8/2004.


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