Projekt ALSK: Bau einer All-Sky-Kamera

Teil IV: Himmelspanoramen mit der ALSK in Polarperspektive
 
Aktueller Status: ALSK fertiggestellt; First Light! Bau einer Spiegelheizung; Second Light!
  
Während eines Regentages stellte ich mir mit Matthias Knülle die Frage, ob die ALSK auch für tief belichtete Deep-Sky-Aufnahmen, z. B. für Himmelspanoramen, einsetzbar ist.

Dies ist die Überlagerung zweier Bilder in Zenitperspektive im Abstand von 2 Stunden. Die beiden rot markierten Sterne wurden als Ankerpunkte genommen. Es ist deutlich zu erkennen, dass alle Sterne zwischen den beiden markierten nicht passgenau sind.
 

 
Das Problem besteht darin, dass eine ALSK normalerweise eben auf den Boden gestellt wird und die Kamera exakt aus dem Zenit auf den Kugelspiegel ausgerichtet ist. Dies nenne ich im Folgenden die Zenitperspektive.
Der Sternenhimmel rotiert aber um den Himmelsnordpol, der um den Winkel 90° - ß zur optischen Achse der Kamera geneigt ist. ß ist der Breitengrad des Beobachtungsortes, also z. B. 48° für München. Aus dieser Winkeldifferenz zwischen Rotationsachse und optischer Achse ergibt sich durch den sphärischen Spiegel der ALSK für alle Objekte außer dem Himmelsnordpol eine unterschiedliche optische Verzeichnung. Daraus folgt:

In Zenitperspektive aufgenommene Einzelbilder mit der ALSK können nicht passgenau überlagert werden! 
  
Nun stelle man sich vor, die ALSK stünde am Nordpol. Dann zeigte ihre optische Achse, rückwärts verlängert, genau auf den Himmels- nordpol, der am Nordpol identisch mit dem Zenit ist. Der Sternenhimmel rotierte dann exakt um die optische Achse der Kamera. Durch eine genügend kurze Belichtungszeit können Strichspuren vermieden werden. Mit genügend Einzelbildern wäre es so möglich, ein relativ tief belichtetes Himmelspanorama von 360° x 180° zu erstellen. Außerhalb des Halbkugelspiegels der ALSK würde die Landschaft abgebildet; es entstünde ein kreisförmiges Bild, mit dem Horizont am Rand und der Landschaft außen herum. Das Bild entspräche perspektivisch in etwa dem eines Planetariumsprogramms wie oben. Die Überlagerung beliebig vieler nacheinander aufgenommener Einzelbilder ergäbe ein passgenaues Summenbild. 
 
Nun berücksichtigen wir die Verhältnisse in Mitteleuropa: Dort könnte die gesamte ALSK, also Spiegel plus Kamera mit Dreibein, um den Winkel ß, entsprechend dem Breitengrad des Beobachtungsorts, zum Erdboden geneigt aufstellt werden: Wieder zeigt die optische Achse der Kamera rückwärts verlängert auf den Himmelsnordpol, wieder würde der Sternenhimmel um die optische Achse der Kamera rotieren.

Aber ein solch unpraktischer Aufbau ist ja gar nicht nötig, da meine ALSK ja einen Halbkugelspiegel hat. Damit kann die Kamera bis zu einem Winkel von 45° schräg auf den Spiegel ausgerichtet werden und immer noch wird die komplette Himmelshalbkugel abgebildet - wenn auch mit unterschiedlicher Verzeichnung am Ost- bzw. Westhorizont und am Nord- und am Südhorizont. Am Südhorizont fallen die Lichtstrahlen besonders schräg auf den Spiegel (siehe unten). Entsprechend geringer ist die Verzeichnung am Nordhorizont. Das entstehende Bild hat die Form einer Ellipse.
Diese Betriebsweise der ALSK nenne ich nachfolgend Polarperspektive. Am Nordpol fallen natürlich Zenit- und Polarperspektive zusammen.
 
Nachfolgend die Berechnung der polarperspektivisch betriebenen ALSK für einen Beobachtungsort auf dem 48. Breitengrad (München):
 

 
Die neue Höhe h der Kamera errechnet sich mit sin ß * hK = sin 48° * 1,75 m = 1,30 m. Die Berechnung des Abstands r erübrigt bei Anwendung der unten beschriebenen Aufbaumethode.

Die Justage der Polachse erfolgte mit einem Manfrotto-Fotostativ. Hierbei sitzt die Kamera auf einem Sechskant-Schwalbenschwanz, so dass sie definiert um 180° gedreht werden kann. Nachfolgend die Aufbaumethode in Stichworten:
 
1.  Aufbau des Fotostativs auf dem Boden so, dass der Schwenkkopf bei 10 cm ausgedrehter Säule mindestens 130 cm Höhe erreicht
2.  Nivellierung des Schwenkkopfs mit den beiden Wasserwaagen
3.  Ausrichtung der EOS 20Da mit dem mittleren Autofokusfeld auf den Polarstern
4.  Exakte Mittenausrichtung des Polarsterns im Life-Focus-Modus
5.  Belichtung eines Fotos der Polarsternregion mit etwa 30 Sek, so dass auch die Sterne rund um Polaris sichtbar werden
6.  Feineinstellung der Kamera von Polaris weg auf Himmels-Nord anhand einer Sternkarte der Polregion
7.  Überprüfung durch eine längere Belichtung: Zentrum der Strichspuren muss mittig im Bildfeld liegen
8.  Vorsichtig alle Stativschrauben anziehen
9.  Vorsichtig Kamera mit Sechskant vom Schwalbenschwanz abbauen und um 180° gedreht wieder einbauen: Kamera schaut nun unter dem Winkel ß auf den Boden
10. Peilen durch den Kamerasucher: Verschieben des Halbkugelspiegel auf dem Boden so, dass sich das Kameraobjektiv exakt in der Suchermitte, also in sich selbst spiegelt - da der Spiegel halbkugelig geformt ist, spielt es keine Rolle, ob er auf ebenem Boden liegt
11. Starten der Belichtungssequenz
 
> First Light mit Polarperspektive
> Diesen Bericht als PDF downloaden
 
Stand: 31.5.2009
 
<<   <   >