Projekt GFA - Ein Großfeld-Astrograph für das Format 4 x 5"

Teil I: Bau des Gehäuses

 
Aktueller Status: GFA fertiggestellt und erfolgreich in Betrieb genommen
 

 
> Bericht als PDF downloaden
 
Alles begann 1999 damit, dass mir im Gebrauchtfenster meines Fotohändlers ein mächtiges Objektiv auffiel. Der Verkäufer wusste weiter nichts darüber als was sowieso auf dem schweren Metallgehäuse eingraviert stand: "Tessar 4.5/360; Carl Zeiss Jena DDR; 9815455". Ohne schon genau zu wissen, was ich damit machen wollte, jedoch in der Hoffnung auf eine astronomische bzw. astrofotografische Brauchbarkeit erstand ich das Objektiv für 300.- DM.

Die Lichtstärke von F 4.5 ergibt bei 360 mm Brennweite einen freien Linsendurchmesser von 80 mm. Bei einer Bautiefe von 92 mm und einem Außendurchmesser von rund 115 mm hat dieses Tessar ein Gewicht von immerhin 2,4 kg. Nach meiner Vermutung handelt es sich um ein Reproobjektiv für das Großformat. Ein erster Test ergab jedenfalls eine Bilddiagonale, die mindestens für das Format 13x18 cm ausreicht.

Nach dem Kauf vergingen mehrere Jahre, andere Dinge waren wichtiger, der Euro kam, und die Optik lag im Schrank. Immer wieder spielte ich mit zwei Plänen: dem Bau eines visuellen Rich-Field-Refraktors oder dem Bau eines Großformat-Astrographen. Der letztere Plan setzte sich dann bei mir durch, ermutigt nicht zuletzt durch einen Artikel von Klaus Traving in Sterne und Weltraum 7/2000. In einer Zeit, in der die Astrofotografie sich immer mehr vom klassischen Filmmaterial weg und hin zu elektronischen Bildwandlern entwickelte, wollte ich den letzten großen Vorteil des Films nutzen: die Kombination von hoher Auflösung und großem Bildfeld.

Vor der Konstruktion stand aber die Dimensionierung. Was sollte der GFA leisten?

Trotz des größeren Bildkreises des Objektives entschied ich mich, das Bildformat auf 4x5 Inch zu begrenzen: Erstens gibt es Planfilm für das Großformat mittlerweile fast nur noch für die Formate 4x5" und 8x10" und zweitens arbeitet das Objektiv für das 4x5"-Format auch bei voller Öffnung ohne Lichtabfall zum Rand hin. Auch die Bildfeldwölbung tritt nicht so sehr in Erscheinung.

Das Format 4x5" misst genau 97x120 mm. Bei 360 mm Brennweite ergibt sich ein Bildwinkel von rund
15°x19°. Dies entspricht etwa einem 100-mm-Teleobjektiv beim Kleinbildformat.

Kaum war diese Entscheidung gefallen, entdeckte ich bei meinem Fotohändler fünf gebrauchte 4x5" Doppel- kassetten. Da mehr als zehn lange Belichtungen pro Nacht sowieso selten zu schaffen sind, waren diese absolut ausreichend. Die Suche nach einem gebrauchten Rückteil - ein neues hätte mit über 500.- € die späteren Gesamtbaukosten überschritten - dauerte etwas länger, führte aber ebenfalls zum Ziel. Mit diesen drei professionellen Komponenten - Objektiv, Kassetten, Rückteil - lagen die Kosten für den Astrographen nun bei insgesamt 300.- €. Hinzu kam zur Nachführung noch ein 50/600mm-Kaufhausrefraktor für 65.- € (dieser wurde inzwischen gegen ein größeres Leitrohr ausgetauscht). Der Rest sollte im Selbstbau entstehen.

Im Prinzip besteht der Astrograph aus einer Holzkiste von 34x22x22 cm, an dessen Vorderspant ein Objektiv- träger mit dem Objektiv angeschraubt ist und in deren Rückwand das Kassettenrückteil mit der Mattscheibe eingelassen ist. Vorne angesetzt wurde eine bündig abschließende Taukappe, so daß das ganze Gehäuse die Maße von 53x22x22 cm hat. Hier meine Konstruktionsskizzen im Original - genauere Zeichnungen gab es nicht:

<Skizze 1> <Skizze2> <Skizze3> <Skizze4>

Hier der fertige Astrograph mit dem 50/600-Leitrohr auf meiner Lichtenknecker M 100 B Montierung:
 

 
Bei lichtstarken Objektiven kommt es auf eine sehr genaue Justierung der Optik zur Filmebene an. Die Justagetoleranz berechnet sich, und zwar unabhängig von der Brennweite, durch die Multiplikation des zulässigen Unschärfekreises in der Filmebene mit der Lichtstärke des Objektivs. Nimmt man, wie für das Mittelformat üblich, einen Unschärfekreis von 0,05 mm an, so ergibt sich bei einer Lichtstärke von F 4.5 eine Abstandstoleranz von ± 0,225 mm in der optischen Achse. So genau muss das Objektiv zur Filmebene justiert werden. Legt man dagegen das Auflösungsvermögen des Technical Pan Films von etwa 0.015 mm zugrunde, so ergeben sich sogar nur ± 0,07 mm. Das sind 7 Hundertstel Millimeter!

Es musste also ein Material für das Kameragehäuse gewählt werden, das eine möglichst geringe Verformung aufgrund von Temperatur, Feuchtigkeit und Belastung aufweist, das gleichzeitig aber noch mit Heimwerker- mitteln bearbeitbar war. Ich entschied mich für 5-lagiges Buchensperrholz mit 8 mm Wandstärke. Um auch von außen den Selbstbaucharakter des Astrographen nicht zu verleugnen, wurde das ganze Holzgehäuse klar lackiert. Nun musste eine Vorrichtung zur exakten Längsjustage des Objektivs konstruiert werden. Diese besteht aus vier M 6-Gewindestangen aus V2A-Stahl, mit denen der Objektivträger in der Längsachse verschiebbar und in den beiden Querachsen justierbar gehalten wird. Auf dem oberen Bild sind die Justiermutten rechts oberhalb und unterhalb des Objektivs zu erkennen. Die Kontermuttern auf den Gewindestangen sind nur von innen zugänglich, so dass das Kameragehäuse nicht geschlossen verleimt werden konnte, sondern durch einen verschraubten Deckel zu öffnen sein muss. Zusätzlich wurde noch ein Frontdeckel angefertigt, der auch als Kameraverschluss dient. Der Gehäuseboden wurde mit einer Aluplatte verstärkt, an der die Keilschiene für die Lichtenknecker-Montierung angebracht wurde.

Ursprünglich war ein System von drei Blenden gegen inneres Streulicht vorgesehen. Deren optische Konstruktion hatte ich nach einem Artikel von Stefan Kunz im VdS-Journal II/2002 mit einem CAD-Programm vorgenommen. Doch dann entschied ich mich der Einfachheit halber doch, den Innenraum der Kamera lediglich mit schwarzem Samt auszukleiden. Wegen des großen Formats und des daraus resultierenden großen Innendurchmessers der Blenden ist das kein großer Nachteil.

Die erforderliche Nachführvergrößerung wurde mit 40-fach errechnet. Immer mit dem Grundsatz eines möglichst günstigen Preis-Spaß-Verhältnisses beschaffte ich zunächst einen billigen Kaufhaus-Refraktor 50/600 mm, dessen Tubus ich leicht modifizierte. Bei dem relativ großen Bildwinkel verzichtete ich auf eine Verstellbarkeit des Nachführrohrs gegenüber dem Astrographen. Es musste eben ein Nachführstern in der Bildmitte gefunden werden. Statt des 1"-Kunststofffokussierers wurde für das 12,5 mm Nachführokular ein nicht verstellbares Tubusende aus Alu gedreht. Der Zenitspiegel wurde relativ weit vorne platziert, um eine kurze Baulänge zu erreichen. Das Leitrohr wurde mit einer Klemmvorrichtung auf dem Holzgehäuse befestigt.
Im Nachhinein haben sich sowohl das kleine Leitrohr als auch die unverstellbare, aber nicht genügend stabile Halterung nicht bewährt. Sie wurden im August 2007 ausgetauscht (aktuelle Bilder folgen noch).
 
Die ursprüngliche Mattscheibe des Kassettenrückteils bestand aus Kunststoff und bog sich sehr leicht durch - nichts für die Astrofotografie. Schnell waren zwei billige Bilderrahmen beschafft, deren 2 mm dicke Glas- scheiben genau in das Kassettenrückteil passten. Die Firma P+S Technik in München mattierte mir die eine Scheibe, die andere blieb für den Foucaulttest klar.

Nun konnte die Grobjustage des Objektivs anhand des Bildes auf der Mattscheibe vorgenommen werden. Hierzu visierte ich von meiner Dachterrasse aus den rund 2 km entfernten Münchner Dom an. Bei offenem Gehäusedeckel stellte ich durch Drehen der Muttern auf den Gewindestangen den Abstand und die Recht- winkligkeit der Objektivträgerplatte grob ein. Da das M 6-Gewinde eine Steigung von 1 mm hat, läuft die Toleranz von ± 0,225 mm auf rund ± ¼ Umdrehung an den Muttern hinaus. Nach dieser Vorjustage erfolgte die weiter Justage der Fokuslage auf meiner Dachterrasse über einen Foucaulttest. Von innen her fuhr ich bei geöffnetem Gehäuse mit der Messerschneide über die Klarscheibe und justierte an Capella zuerst in der Bildmitte und dann in den vier Bildecken. Nach etwa 1 Stunde war diese zweite Kollimation beendet.
Auch diese Justage stellte sich als noch nicht genau genug heraus, da sie sich auf die Glasscheibe und nicht auf die Filmebene bezog. Im August 2007 konnte ich die Justage an einem Kollimator auf die Filmebene vornehmen.
 

Technischen Daten GFA:

Optik
Carl Zeiss Jena Tessar
Lichtstärke
F 4.5
Brennweite
360 mm
freier Objektivdurchmesser
80 mm
Format Planfilm 4x5"
Bildfeld
97 x 120 mm
Bilddiagonale
155 mm
Bildwinkel 15° x 19°
Äquivalentbrennweite Kleinbild 90 mm
Gehäuseabmessungen
53 x 22 x 22 cm
Material des Gehäuses Birkenmultiplex 8 mm
Gewicht mit Kassette und Nachführrohr
ca. 10 kg
Materialkosten insgesamt
484,72 €
 

 
Als nicht ganz einfach stellt sich die Beschaffung des Planfilmmaterials heraus: Tecnical Pan Film hatte eine Lieferzeit von mehreren Wochen. (Immerhin gab es ihn Mitte 2004 noch - das waren noch Zeiten...). Kodak Portra 400 Farbnegativfilm ging etwas schneller. Doch es war sowieso kein klarer Himmel.
 
Am 11. September 2004 war es dann soweit: mit Matthias Knülle zusammen war ich für eine Woche auf den Gahberg am Attersee gefahren. Gleich in der ersten Nacht hatte der GFA sein First Light. In einer weiteren Nacht konnte ich dann noch 3 Aufnahmen bei Belichtungszeiten von je 40 Min. machen. Ansonsten hatten wir mit dem Wetter leider Pech.

Die aufgenommenen Objekte spielen hier keine Rolle, denn bei der Auswertung der Aufnahmen kam die große Ernüchterung: alle Aufnahmen waren lediglich in der Bildmitte scharf. Da die Randunschärfen keinerlei Regelmäßigkeit zeigten und auch von Aufnahme zu Aufnahme in Form und Stärke variieren, führte ich sie auf eine Wölbung des Planfilms während der Belichtung zurück. Zwar hatte ich über genau dieses Problem bereits gelesen (Sterne und Weltraum 7/2000). Trotzdem war dieser Fehler eine große Enttäuschung, denn er bedeutete, dass die Filmführung in den Kassetten des GFA komplett umkonstruiert werden musste!

Grundsätzlich gibt es für dieses Problem zwei Lösungsansätze:
1. der Planfilm wird während der Aufnahme gegen eine Planglasscheibe, die sich genau in der Fokalebene befindet, gedrückt, oder
2. der Planfilm wird mit Unterdruck gegen die Rückwand der Filmkassette gesaugt. Hierzu muss die Kassettenrückwand mit einem Raster feiner Bohrungen oder Einfräsungen versehen werden.
Da eine Glasscheibe in der Fokalebene natürlich sehr anfällig gegen Staub ist (der dann scharf auf dem Film abgebildet wird), entschied ich mich für das Prinzip der Ansaugkassette.
 
> Bericht als PDF downloaden
 
Stand 6.9.2007
 
<<     >